Stichworte: Insolvenz | Konkursantrag | Konkursmasse | Masseverwalter | Zwangsausgleich
Dr. Michael Lesigang ist Rechtsanwalt in Wien. Er ist auf Insolvenzrecht und Unternehmenssanierung spezialisiert und hat bisher mehr als 150 Konkursverfahren als Masseverwalter begleitet.
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Der Masseverwalter wird bestellt um die Gläubiger zu schützen. Er wird vom Gericht vorgeschickt um eine Verschlechterung der Situation der Gläubiger zu verhindern. Er soll den Betrieb und die vorhandenen Vermögenswerte überprüfen und auch eventuell zuvor vorgenommene Vermögensverschiebungen rückgängig machen um damit allen Gläubigern die bestmögliche Befriedigung zu gewährleisten. Das heißt, er muss sich um den Betrieb kümmern, sich alles anschauen.
Meiner Erfahrung nach ist das ganz unterschiedlich. Es gibt jene, die innerlich schon abgeschlossen haben mit der Selbständigkeit. Die legen mir alles auf den Tisch und sagen, bitte mach, ich kann nicht mehr, mich hat das alles schon so belastet, ich seh mich da nicht mehr raus. Andere hadern sehr mit sich selbst und ihrem Schicksal, fühlen sich ungerecht behandelt und fragen sich die ganze Zeit, wie es soweit kommen konnte wo sie doch ihr Bestes versucht haben.
Es gibt aber immer auch welche, die die Arbeit des Masseverwalters als nützlich empfinden, vor allem dann, wenn die Leute selbst die Initiative ergriffen und den Konkursantrag eingebracht haben. Wenn eine Fortführung gelingen soll, dann muss der Masseverwalter ja eine Ordnung und Struktur in den Betrieb reinbringen und oft hat sich da schon ein ziemliches Durcheinander aufgebaut. Ein Fortbetrieb ist nur möglich, wenn ein geordnetes Rechnungswesen vorhanden ist und über die verschiedenen Geschäftsvorgänge klar nachvollziehbare Aufzeichnungen existieren. Das hilft oft auch den Schuldnern, wieder einen klareren Blick zu bekommen.
Ja natürlich und im Falle einer Schließung geht es darum, die vorhandenen Vermögenswerte bestmöglich und zugleich rasch zu verwerten. Bei einer Fortführung ist das schon schwieriger, denn da muss eine Balance gefunden werden. Das zeigt sich dann meist bei der Bemessung der Quote für einen Zwangsausgleich: Wie viel kann ich dem Schuldner zumuten damit der Zwangsausgleich dann auch erfüllt werden kann und wie hoch muss die Quote sein, um die Interessen der Gläubiger zu wahren? Bei Detailfragen oder komplexen Sachverhalten ziehen Masseverwalter daher auch immer wieder externe Experten bei um zu fundierten Empfehlungen zu kommen.
Das mag auf den ersten Blick so aussehen, nur geht es bei einer Liquidation meist darum, möglichst rasch zu verwerten weil, ansonsten weitere Kosten auflaufen. Ich muss z.B. eine Lagerhalle oder ein Büro möglichst rasch leer bekommen, um die Mietverträge etc. auflösen zu können. Üblicherweise wird ein externer Sachverständiger damit beauftragt, die Vermögenswerte zu schätzen.
Bestimmte Sachen wie z.B. Büroausstattung, EDV, Fuhrpark usw. fallen bei so gut wie jedem Konkurs an und sind zuhauf auf dem Markt. An sich gibt es Anreize für Masseverwalter, möglichst hohe Verkaufserlöse zu erzielen, aber die Erfahrung zeigt, dass dafür nur Preise zu erzielen sind, die weit unter dem normalen Verkehrswert liegen. Der Liquidationswert liegt in der Regel weit unter dem Verkehrswert und das ist manchmal subjektiv schwer zu verstehen und kann als ?verscherbeln? empfunden werden.
Nachdem ein Konkursantrag eingebracht wurde, prüft das Gericht, ob die Voraussetzungen für eine Konkurseröffnung gegeben sind. Sind die Voraussetzungen erfüllt, dann wird der Konkurs eröffnet und das Konkursgericht bestellt gleichzeitig mit der Eröffnung eine geeignete Person zum Masseverwalter.
Wer zum Masseverwalter bestellt wird, bleibt alleine dem Gericht überlassen. Die Gerichte verfügen über eine Liste an geeigneten Personen und auf die wird zumeist zurückgegriffen. Eine Einflussnahme von Gläubigerseite oder von Schuldnerseite ist dabei nicht vorgesehen. Es kommt aber in der Praxis vor, dass Vorschläge gemacht werden, z.B. weil manche Masseverwalter mit bestimmten Branchen oder Unternehmensgrößen viel Erfahrung haben. Es macht einen Unterschied, ob man als Masseverwalter den Konkurs eines Großunternehmens mit vielen Beschäftigten begleitet oder den Konkurs eines Mikrounternehmens. Bei einem Großunternehmen braucht auch der Masseverwalter eine viel umfassendere Infrastruktur.
In der Regel werde ich noch am Tag der Konkurseröffnung per Fax benachrichtigt. Innerhalb der nächsten paar Stunden kommt dann die Benachrichtigung vom Konkursgericht, dass die Unterlagen abholbereit sind. Dazu gehört das Bestellungsdekret zum Masseverwalter, Informationen aus dem Vorverfahren und aus dem Konkursantrag und natürlich auch wichtige Kontaktdaten. Man kann sich also einmal ein erstes Bild machen und mit dem Schuldner Kontakt aufnehmen.
Nein, in aller Regel wird man vorab nicht gefragt. Nur bei größeren Konkursen kommt es vor, dass vorher abgeklärt wird, ob die Kanzlei genügend freie Ressourcen hat, um das Verfahren zu begleiten.
Das Erstgespräch führe ich in aller Regel bei mir in der Kanzlei durch, das sollte möglichst rasch geschehen. Da können auch wichtige Fragen vorabgeklärt werden. Wie viele Mitarbeiter gibt es? Ist der Betrieb noch aufrecht? Welche laufenden Verträge wie z.B. Mietverträge oder Leasingverträge gibt es? Wie hoch sind in etwa die Schulden? Wie hoch sind die monatlichen Fixkosten? Und natürlich ganz wichtig: Will der Unternehmer das Unternehmen weiterbetreiben? In diesem Fall ist es natürlich sehr hilfreich, wenn es aussagekräftige Unterlagen gibt, dann kann die Arbeit rasch weitergehen und der ungehinderte Weiterbetrieb wird erleichtert.
Anschließend gehe ich natürlich auch direkt ins Unternehmen und mache mir vor Ort ein Bild. Falls es sich um ein größeres Unternehmen handelt, spreche ich dann auch mit Abteilungsleitern oder anderen Führungskräften.
Kooperation ist für einen erfolgreichen Fortbetrieb und Sanierung sehr wichtig. Nur dann, wenn der Schuldner alle Informationen dem Masseverwalter zur Verfügung stellt und bei der Weiterführung des Betriebes aktiv mit wirkt, kann ich den Gläubigern - sofern auch die Finanzierung passt - die Zustimmung zum Zwangsausgleich empfehlen.
Das stimmt so nicht mehr ganz. Unser Konkursrecht betont ja immer stärker den Sanierungsgedanken weil eine Liquidation auch volkswirtschaftliche Schäden wie z.B. den Verlust von Arbeitsplätzen mit sich bringt. Es wurden daher auch Anreize für Masseverwalter geschaffen, lebensfähige Unternehmen zu sanieren und nicht zu liquidieren. Wenn der Schuldner also konstruktiv mitarbeitet und das Unternehmen eine reelle Überlebenschance hat, dann wird auch der Masseverwalter sein Bestes tun, um das Unternehmen am Leben zu erhalten.
Natürlich sind wir des Öfteren mit einer gewissen Tristesse konfrontiert. Es gibt aber auch immer wieder schöne Beispiele, bei denen eine Sanierung gelungen ist. Ich habe z.B. vor einiger Zeit ein Restaurant durch einen Zwangsausgleich begleitet und das besuche ich gelegentlich. Es ist jedes Mal wieder eine Freude zu sehen, wie gut es sich entwickelt hat und wie motiviert der Eigentümer ist. Da fühlt man sich eher als Geburtshelfer denn als Leichenbestatter.
Sehr unbefriedigend ist es aber, wenn kein Eigentümer oder Geschäftsführer mehr aufzufinden ist und das Büro schon offensichtlich seit längerem leer steht. Zumeist hat dann auch der Steuerberater bereits seit Monaten nichts mehr von dem Unternehmen gehört. In manchen Branchen kommt das öfters vor, besonders in der Baubranche. Dann kann man wirklich nur mit den paar Informationen, die man auftreiben kann, das ganze möglichst schnell abwickeln und schließen.
Online seit: 25.11.2008
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